Zweierlei Umgang mit Fake News-Kampagnen von rechts
Nicht nur wir Bürger:innen müssen untereinander Unsinn und Unwahrheiten immer wieder geraderücken. Immer mehr kommen auch Politiker in die Situation, auf Fake News-Kampagnen ihrer Parlamentskollegen schnell und klug antworten zu müssen. Das muss gelernt werden. Aktuelle Beispiele dazu aus Spanien und Deutschland.
Der spanische Premier Pedro Sanchez regiert sein Land seit 2018 mit linken Minderheitsregierungen. Zuletzt hat er sich mit Stimmen der katalanischen Separatisten wiederwählen lassen und ihnen dafür ein Amnestiegesetz gewährt. Das hat die ohnehin tief gespaltene spanische Gesellschaft weiter polarisiert. Sanchez sieht sich seitdem immer heftigeren Protesten und Attacken von rechter Seite ausgesetzt: Nun erhob die reaktionäre Gruppe Manos Limpias (dt. saubere Hände) heftige Korruptionsvorwürfe gegen Sanchez' Ehefrau Begona Sanchez. Und Sanchez reagierte: er wandte sich in einem offenen Brief an die Bürgerinnen und Bürger und erklärte, er erwäge seinen Rücktritt wegen dieses Angriffs auf sein Privatleben, auf seine Familie. Sanchez erlegte sich und dem Land fünf Tage des Nachdenkens auf, ob er weiterregieren solle. Nach kurzem Schock gab es viele Solidaritäts-Erklärungen, tausende Anhänger von Sanchez gingen auf die Straße, die Medien, das ganze Land diskutierte kontrovers. Am Ende stellte sich heraus, dass die Vorwürfe von "Manos Limpias" auf älteren Artikeln rechter Gazetten beruhten, die - wie die Gruppe kleinlaut einräumte - "auch falsch sein könnten". Die Staatsanwaltschaft stellte darauf hin ihre Vorermittlungen gegen Begona Sanchez ein.
Mit Transparenz gelingt Schubumkehr gegen rechte Schmutzkampagne
Natürlich gab es auch viel Kritik an Sanchez - so attackierte die konservative Opposition dies als "Show" des Premiers mit erwartbarem Ende. Und tatsächlich erklärte Sanchez, er werde im Amt bleiben und weitermachen, vielleicht mit mehr Kraft als zuvor. Er sagte weiter, die Spanier hätten "viel zu lange mit diesem Sumpf gelebt." Man müsse diesem offensiv begegnen. Dem stimmten auch Spanier zu, die mit Sanchez' Politik nicht übereinstimmten. Der Premier hatte mit seiner Aktion der rechten Kampagne einen schweren Schlag versetzt: Er hatte Transparenz geschaffen und eine öffentliche Diskussion ermöglicht, die nicht mehr (nur) von rechten Fake News befeuert wurde. Und während die, die ihn schon immer kritisiert hatten, dies auch weiter taten, äußerten sich nun auch viele andere: Seine Unterstützer, aber auch Menschen aus der berühmten Mitte der Gesellschaft, lehnten die infame Technik ab, jemand mit Unterstützung rechter Medien auf Grund unbewiesener Behauptungen in seine Privatsphäre zu attackieren und vor Gericht zu zerren. Am Ende war Sanchez die Schubumkehr geglückt: die rechte Kampagne fiel kläglich in sich zusammen. Dafür hatte er zahlreiche Unterstützer wieder hinter sich versammelt.
Linkes und grünes Spitzenpersonal regelmäßig von rechten Kampagnen überzogen
Von diesem Umgang mit rechten Fake News-Kampagnen können andere lernen: Noch vor kurzem trat der bis dahin erfolgreich regierende portugiesische Ministerpräsident Costa zurück, nachdem rechte Medien bisher unbelegte Behauptungen über Korruption verbreitet hatten. Aber auch unsere Grünen könnten hier dazulernen. Sie haben sich mehrfach von rechten Kampagnen wichtige Führungspersonen oder Vorhaben beschädigen lassen: Im Bundestagswahlkampf 2021 wurde die grüne Spitzenkandidatin Annalena Baerbock geradezu mit Hassmails und bösartigen, oft sexistisch gefärbten Fake News überzuogen . Heute wissen wir, dass rund drei Viertel der personalisierten Fake News in diesem Wahlkampf gegen Baerbock erfolgten, viele davon aus China und Russland initiiert.